Pain Matters von Rico Friebe offenbart emotionale Tiefpunkte

Mittlerweile erhalten wir neue Musik auch ohne gefragt zu werden. So kam auch gestern diese Scheibe zu uns – das neue Album von Rico Friebe „Pain Matters“. Ich bin jetzt 62 Jahre alt und meine musikalischen Wurzeln liegen in den 1970er Jahren. Neue Formen in der Musik haben mich in den letzten, na sagen wir mal 30 Jahren, nicht wirklich interessiert. Wissenschaftlich belegt ist, dass man die Musik, die man bis zum 23. Lebensjahr gehört hat, auch in späteren Jahren immer noch und immer wieder hören möchte. Insofern bin ich der komplett falsche Ansprechpartner für dieses Album. Oder eben genau der Richtige.

Hip-Hop oder Trip-Hop?

Ich habe keine Ahnung, was ich ich hier höre. Irgendwo im Netz finde ich Rico Friebe einsortiert unter Hip-Hop. Nach weiterer Suche lande ich auf den einschlägigen Seiten und finde unglaublich viel Textgeschwurbel, wahrscheinlich wird in der Szene eben so gesprochen. Sein Album „Word Value“ wird mit einer „schwer erahnbaren Dunkelheit“ beschrieben.

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Technojunkies würden Rico Friebe oder auch Rico Puestel aus Kiel kennen. Wenn ich es richtig verstehe, klingt seine Musik nach einer Betonmischanlage. Okay, ich finde das Stück „Jenni“ auf einer Webseite und höre etwa 90 Sekunden lang, genau, eine Betonmischanlage. Des Weiteren finde ich nicht so viel mehr über diesen Künstler oder eben das, was er nachstehend auch selbst über sich schreibt.

Pain Matters?

Das Stück „Jenni“ habe ich mir deshalb im Netz angehört, weil Rico Friebe auf dem Beiblatt seines neuen Albums etwas rätselhaft formuliert, um was es ihm bei den Songs geht. Ich zitiere:

…mein Name ist Rico Friebe und unter diesem Namen fing vor fast 3 Jahren alles nach dem Verschwinden von Jenni(fer) an, das niemanden interessierte – außer mich. Mich traf dies persönlich schwer. Zur Verarbeitung einer ausweglosen Situation enstanden damals, so einst nicht geplant, die instrumentalen Alben Jenni und Jenni II.

Nach nun fast drei Jahren habe ich jüngst Jennifer wiedergefunden – ich habe nie aufgegeben.. Leider hat sie selbst sich Lebensumstände geschaffen, auf die ich keinen ausreichend wirkungsvollen positiven Einfluss habe und haben sollte. Immerhin konnte ich ihr noch ‚ihre Alben‘ zukommen lassen. Dies hat mir einen gewissen Seelenfrieden gebracht.

Auf die damalige Tragödie folgte eine schlimmere, die viel tiefer ging. Eine junge Frau, die bereits zu Zeiten des Verschwindens von Jennifer zugegen war, sie kannte und von mir von ihrem Verschwinden erfuhr, sah meine vulnerable und schwer belastete Situation und nutze diese daraufhin schwer missbräuchlich aus. Nachdem sie von mir alles bekommen hatte, brach sie unvermittelt ihre Präsenz in meinem Leben ab und hinterließ einen großen Scherbenhaufen. Eine fingierte Freundschaft.

Das alles hört sich für mich nach zwei verloren gegangenen Lieben an, also etwas, dass schon immer Menschen künstlerisch beflügelt hat. Vor allem in der Musik. Ich bleibe neugierig und nehme das Cover in die Hand. Die Haptik ist schön, vorne ist das mit Bleistift gezeichnete Bild einer jungen Frau zu sehen. Rico Friebe führt hierzu weiter aus:

Anlässlich dieses zweijährigen Martyriums schrieb und produzierte ich Pain Matters, das am 13.09.2024 quasi als Geburtstagsgeschenk an mich selbst erscheint. Auf dem Cover ist sie in eienr Bleistiftzeichnung von mir verewigt, die subtil ihre zwei Gesichter zeigen soll. Ich habe vorher nie in meinem Leben gemalt oder gezeichnet – außer gezwungen und ungeliebt im Kunstunterricht zu Schulzeiten. Wo das herkommt? Keine Ahnung. Es war zu erschütternd.

Das hört sich für mich nach einem „Broken Heart Syndrom“ an. Liebeskummer oder auch die Trauer nach einer verloren gegangenen Liebe können krank machen. Manchmal eben auch jahrelang.

Weißes Vinyl

Ich hole das weiße und schwere Vinyl aus der leider nicht gefütterten Innentasche heraus. Ein Beiblatt in englischer Sprache geht weniger subtil auf die Umstände ein, die zur Produktion des Albums geführt haben. Die Platte ist sauber verarbeitet und liegt plan auf dem Plattenteller auf.

Vinyl mit Hüllen schützen!

PE-Schutzhüllen
100 Stück

  • 325 x 325 mm
  • Stärke : 0,15 mm
  • Polypropylen Kunststoff

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  • 325 x 315 + 30 mm
  • verschließbar
  • Polypropylen Kunststoff

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  • 187 x 187 mm
  • Stärke: 0,15 mm
  • Polyethylen Kunststoff

Los geht es mit einem kurzen Intro und dem Song „Apathy“. Etwas dumpf kommt die Musik aus den Lautsprechern. Wahrscheinlich gewollt, denn die nächsten Stücke sind deutlich klarer. Leider verstehe ich kein einziges gesungenes Wort. Vielleicht Absicht und/oder Lautmalerei. Nach der „Gleichgültigkeit“ geht es mit „Caitiff“, also „Lügnerin“ weiter. Das klingt chillig und Rico kämpft anschließend mit „Growing Pains“ und einem „Loophole“. Die erste Seite klingt mit „Sacrifice“ aus. Wie gerne würde ich mehr verstehen doch leider bleibt der Gesang eine eigene, mit Effekten verkleidete Klangwelt. Für mich ein Minuspunkt. Wahrscheinlich liegt es dem Künstler fern, mir seine Gedanken in klaren Worten mitzuteilen. Schade. Ich mache eine Schreibpause, um einkaufen zu gehen. Unterwegs erwische ich mich dabei, wie ich die Melodie von „Loophole“ im Kopf mitsumme. Also irgendetwas Anziehendes geht doch von dieser Musik aus.

Umdrehen, die zweite Seite startet mit „Harm Any“ und eine Fraustimme begrüßt mich, vielleicht Rico selber, die Technik macht’s möglich. Aber auch hier kann ich mich anstrengen wie ich will, ich verstehe kein Wort. So geht es weiter, etwas mehr Percussion, etwas mehr Drums, alles elektronisch verfremdet. Einzig allein die Songtitel sagen mir in etwa, worum es geht. Ich bin lost und die völlig falsche Zielgruppe für diese Art von Musik. Trotzdem möchte ich hier klar sagen, dass auch „Pain Matters“ seine Berechtigung hat. Ich schreibe seit mehr als 40 Jahren Songs, die leider kein Mensch hören will (falls doch, hier geht’s zu meinem YouTube-Kanal). Hier hat mir Rico Friebe einiges voraus.

Fazit: Pain Matters!

Aber ist meine Herangehensweise an diese Platte überhaupt die richtige? Wahrscheinlich nicht. Die Botschaft ist eben keine wortwörtliche, sondern eine musikalische. Also mache ich Schluss mit meiner Suche nach einer textlichen Aussage und lasse die Musik bis zum Schluss fließen. Dann ergibt die Platte einen durchaus tröstlichen Sinn. Musik muss fließen und sich tief eingraben, nur dann kann sie etwas bewirken, sich manifestieren.

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Mehr Informationen

Ich interpretiere Ricos Ansatz für dieses Album hoffentlich richtig, wenn ich unterstelle, dass sich diese Songs nach dem Verlust einer Liebe und nach einer nun bewältigten großen Enttäuschung einfach schreiben mussten. Manchmal entsteht eben Großes in der Kunst, wenn man sie nur zuläßt… mein Gott, jetzt schwurbel ich auch schon herum. Und jetzt noch ganz kurz mein Fazit: Rico Friebes neues Album „Pain Matters“ ist große Kunst. Und ich kann damit nichts anfangen.

Auf die Frage, an welches erste Lied Rico Friebe sich erinnert, nennt der Künstler „Burning Rope“ von Genesis. Okay, Rico, damit hast Du zumindest mich eines Besseren belehrt. Es gibt doch noch etwas, dass wir beide gemeinsam haben (könnten). Und es gibt Menschen, die nur halb so alt sind wie ich und trotzdem die Musik hören, die ich nun auch schon seit fast 50 Jahren auflege. Es ist nicht alles schlecht.

PS: Mehr Rezensionen zu Musikalben und Schallplatten gibt’s hier.


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