Gestern fragte mich mein Sohn, ob ich nicht ein paar Worte zur Platte des Monats „Gone to Earth“ von Barclay James Harvest aus dem Jahre 1977 schreiben möchte. Klar möchte ich. Das Album war so etwas wie ein Wendepunkt in meiner noch sehr eingeschränkten Musikwelt, hatte ich doch damals bislang nur Ohren für die Beatles, Pink Floyd und Supertramp. Mit diesem Album begann ich, auch andere Künstler für mich zu entdecken. Aber erst einmal kaufte ich alles von dieser Band, denn „Gone to Earth“ war bereits ihr achtes Album – es gab für mich also viel zu entdecken.
„Hymn“ ist großartig und dynamisch
Es lag vor allem an der Ausrichtung der Musik, die sehr melodisch, eher beruhigend, statt besonders laut und rockig und vor allem überhaupt nicht zur damaligen Zeit passte. Punk war angesagt, Rotze und Spucke, Agitation und Auflehnung und ich hatte überhaupt nix damit zu tun. Punk war nicht mein Ding, eher schon die nächste neue Welle (New Wave), die schon kurz nach Punk begann, aber das ist eine andere Geschichte. Für Barclay James Harvest war es ein ungemein wichtiges und kommerziell höchst erfolgreiches Album, rückblickend allerdings nicht so spannend wie die Alben zuvor.
Das Album erschien im September und ich erinnere mich daran, dass ich die Platte meiner Tante vorspielte. Auf meiner damaligen Kompaktanlage von Saba klang der erste Song „Hymn“ großartig und dynamisch. Insgesamt ist der Klang der Schallplatte auch nach fast einem halben Jahrhundert immer noch sehr gut. Meiner Tante gefiel vor allem das Orchester, dass das Lied am Ende auf eine andere Ebene hebt. Gerade dieses Arrangement haben die Deutschen geliebt. Das Stück ist auch heute noch mit Abstand das bekannteste der Gruppe, wird allerdings viel zu oft zu Weihnachten gespielt. Möglicherweise lag es auch an der zwölfsaitigen Gitarre, die ja auch Greg Lake in seinem Song „I Believe in Father Christmas“ verwendet. Live kommt der Song meiner Meinung nach nicht so sauber rüber, aber im Kontext des Studio-Albums wurde es genau an der richtigen Stelle platziert.
Gone to Earth: Wie aus einem Guss
Die ganze Platte klingt wie aus einem Guss, hier hat der Produzent Davy Rohl zusammen mit der Band gute Arbeit geleistet. „Gone to Earth“ war schon immer etwas für Romantiker und Träumer, allerdings gab es auch ein paar sehr schöne (soft-) rockige Nummern, wie zum Beispiel „Friend of mine“ oder auch „Love is like a violin“, welches zart beginnt und dann in einen dynamischen Refrain übergeht.
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Der Höhepunkt des Albums ist am Ende der ersten Seite mit „Poor man’s Moody Blues“ erreicht. Die Melodie ist elegant geklaut bei „Nights In White Satin“ von den Moodies. Aber die Gitarrenarbeit von John Lees reißt dies wieder raus. Wie oft habe ich dieses Solo gehört und imaginär auf der Luftgitarre mitgespielt. Das kann man sich auch heute nach fast 50 Jahren immer noch gut anhören. Mein Lieblingssong ist heute allerdings „Taking me higher“ mit der die Platte ausklingt. So entspannt klang damals kaum etwas anderes. Kein sündhaft teures Orchester, sondern nur die vier Musiker der Band spielten dieses Album ein.
Kreativer Höhepunkt von Barclay James Harvest
Abschließend noch einmal eine kurze Einordnung des Albums im Gesamtwerk der Band. Die neue und preiswertere Phase (also ohne das 60-köpfige Orchester) der Band begann 1974 mit dem Wechsel zu einer neuen Plattenfirma (Polydor) und dem Album „Everyone is everybody else“. Hits gab es damals immer noch keine, ein kleinerer Erfolg ergab sich mit der Single „Rock’n Roll Star“ vom Album „Octoberon“ dem Vorgänger von „Gone to Earth“. Das die Plattenfirma solange an der Band festhielt, war ein Segen und ist heute eher undenkbar. Nach diesem Album folgte die kommerzielle Höhepunkt der Gruppe, der etwa bis 1983 andauerte. Danach wurde es beliebig und langweilig. Den kreativen Höhepunkt erreichte Barclay James Harvest allerdings mit eben diesem Album „Gone to Earth“.
Hier noch ein Tipp zum Weiterhören: „The eye of Wendor (Prophecies)“ von Mandalaband*. Dieses Album wurde ebenfalls von Davy Rohl produziert und von Barclay James Harvest sowie 10cc eingespielt. Wunderbare ruhige und melodische Musik im Stil von „Gone to Earth“ und textlich angelehnt an den Herrn der Ringe.
Galerie
Daten zur Pressung
Erscheinungsjahr | 1977 |
Herkunftsland | Deutschland |
Katalognummer | 2460 273 |
Matrix-Nummer | 2460 273 = 2 S1 320 1A HF (A-Seite) |
Preis | 13,80 DM bei Govi am Karlsplatz, Düsseldorf im September 1977. Im Januar 2022 gibt’s die Schallplatte bei Amazon für ca. 15 Euro* |
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