Ich gäbe alles dafür, so coole Texte schreiben zu können, wie Randy Newman es auf „Little Criminals“ 1977 getan hat.
Einer der denkwürdigsten Auftritte, die ich jemals im Fernsehen gesehen habe, war etwa Anfang der 1980er-Jahre. Dort saß ein Mann am Klavier und sang nicht besonders schön, so dachte ich. Aber das Konzert war gut besucht und komisch war, dass es irgendwie nach Rockmusik klang, aber nicht so richtig. Keine Band, nur ein Klavier und der Sänger erzählte kurze Geschichten zu den Songs. Das hat mich schwer beeindruckt. Mein Englisch war eher schlecht, ich verstand nicht viel, aber das Publikum schon, denn es lachte an den richtigen Stellen. Das wollte ich auch machen, gute Texte für Songs schreiben, tiefgründig und trotzdem lustig. Und plötzlich – sang der Typ da nicht irgendwas über Düsseldorf? Das mußte ich genauer wissen, ich mußte mir also die Platte kaufen.
Randy Newman hat unglaubliches Talent, gute Songs zu schreiben
„Little Criminals“ wurde 1977 von Randy Newman eingespielt und im September veröffentlicht. Mit dabei waren Klaus Voormann, Jim Keltner und auch die Eagles, die vor allem den Song „Rider in the Rain“ veredeln. Zum ersten Male hatte Newman es geschafft, die Songs so einzuspielen, dass wirklich alle zuhörten.
Zwar gab es erneut Menschen, die Newman vorwarfen, ein Rassist zu sein, doch diese Leute hatten nicht begriffen, dass er nur in eine Rolle schlüpft, um den wirklichen Rassisten den Spiegel vorzuhalten. Der Riesenhit der Platte hieß „Short People“ und – wirklich – Newman sang doch tatsächlich, dass er keine kleinen Leute um sich herum haben möchte. Eben weil sie klein sind, können die nichts. Ich fand es unglaublich faszinierend, wie er diese Rolle spielte und gleichzeitig Zorn auf sich zog.
Eigentlich kannte ich Newman schon länger. Viele meiner musikalischen Helden hatten bereits Cover-Versionen seiner Songs eingespielt. Zum Beispiel Ringo Starr auf seinem Album „Ringo“ oder auch Nils Lofgren auf dem Album „Nils“. Jetzt wurde mir auch klar, warum. Newman hat ein unglaubliches Talent, gute Songs zu schreiben und auf „Little Criminals“ konnte man es endlich auch hören.
In „Jolly Coppers on Parade“ erzählt er uns von der Faszination, die von Polizeiuniformen ausgeht, verknüpft mit einer einprägsamen Melodie. Und wenn man genau hinhört, wie der kleine Junge davon schwärmt, auch einmal Polizist zu werden, nur weil er diese Uniform haben will, dann versteht man, warum es so viele schießwütige Polizisten in den Vereinigten Staaten gibt.
Newman schlüpft in die Rolle eines Serienmörders
Und endlich kommen wir zu dem Stück, dass mich am auch heute noch fasziniert, nämlich „In Germany before the war“, in der der Sänger in die Rolle des Serienmörders Peter Kürten schlüpft und über dessen Gefühle singt. So was wollte ich auch schreiben, also habe ich die Idee geklaut und mein eigenes Stück daraus gemacht (heißt „Missverständnis“ und findet man bei YouTube, falls jemand Interesse daran hat, wie man es besser nicht machen sollte). Newmans erste Frau kam aus Düsseldorf, daher kannte er die Geschichte von Peter Kürten, der ausgerechnet etwa 30 Meter von meinen Wohnhaus in Flingern entfernt seine tödlichen Touren startete und auf dem Gelände meiner damaligen Kirchengemeinde ein kleines Mädchen ermordete. So nah ist mir noch kein Künstler mit einem Text bzw. einer Musik gekommen.
Baltimore ist ein Ohrwurm
Wer noch einen Ohrwurm braucht, der sollte sich „Baltimore“ anhören. Der Song wurde vielfach gecovert, wie schon erwähnt von Nils Lofgren. Es gibt aber sehr gute Versionen von Nina Simone und David Gray. Auch Udo Lindeberg hat 1979 den Song ins Deutsche übersetzt und eine Version hingelegt, die relativ nah bei Randy Newman bleibt. Trotzdem ragt aus meiner Sicht das Original immer noch heraus. Dies liegt vor allem an der geschmeidigen Instrumentierung der Eagles und an den beiden kurzen aber prägnanten Gitarrensoli von Glenn Frey. Der Song selbst handelt vom Untergang der Stadt und die Einwohner gehen ambivalent mit dem Stück um. Einerseits wird die Stadt schlecht gemacht, andererseits setzt Randy Newman ihr ein Denkmal.
Fazit zu Randy Newman – Little Criminals
„Little Criminals“ ist als Einstieg für Newcomer bestens geeignet, um Randy Newman zu entdecken. Der Mann hat die besten Texte, die besten Songs, der Mann hat vor allem eines: Soul.
Galerie
Daten zur Pressung
Erscheinungsjahr | 1977 |
Herkunftsland | USA |
Katalognummer | WB 56 404 ( BSK 3079) |
Label | Warner Bros. Records Inc. |
Preis | Aktuell gibt’s die Schallplatte bei Amazon gebraucht für 15 Euro* |
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