Thomas hat mir 1977 „Frank Zander’s Zorn vorgestellt. Er war einer der Klassenkameraden, mit dem ich besonders viel Zeit verbrachte. Thomas bewohnte mit seinen Eltern ein großes Haus. Er besaß im Gegensatz zu mir ein eigenes Zimmer und hatte im Keller natürlich die obligatorische Modelleisenbahn stehen. Ich besuchte ihn gerne zu Hause in Gerresheim. Vor allem deshalb, weil die Rheinbahn neue Gelenkbusse einsetzte, bei denen man entweder ganz vorne neben dem Fahrer hinter einer Glasscheibe einen Einzelsitz hatte. Oder aber ganz hinten, wo die Sitzbank wunderbar schaukelte, wenn der Bus über die holprige Dreherstrasse und den Höherweg fuhr, um mich nach Haus zu bringen, nach Flingern.
Wir hatten beide einen ähnlichen Humor und zitierten gerne Sprüche von Otto Waalkes. Aber Thomas konnte noch mehr, er kannte deutsche, englische und französische Songtexte und zitierte prägnante Zeilen, wenn die Situation passte. Unter anderem kam Peter Horton immer dann zur Sprache, wenn es ans Bezahlen ging: „Ich hab mein Geld verloren, I lost my money“. Auch den schönen Reinhard Mey Song „Der Mörder ist immer der Gärtner“ konnte er fehlerfrei nachsprechen. In der Live-Fassung singt Mey über „Trihexa-amino-chlorid-diphenyl“ und Thomas erklärte mir lapidar: „Ist ’ne Fettsäure…“. Aber in besonderer Erinnerung ist mir die „Wuh Duh Zeit“ von Frank Zander geblieben. Das Lied erschien auf Zanders zweitem Album „Zander’s Zorn“ einer Platte voller unvergesslicher Zitate, die Thomas immer und überall benutzte. Auch wenn der Apostroph im Titel falsch ist – Frank Zander darf das!
Frank Zander’s Zorn – auch mit Apostroph völlig okay
Gehört hatte ich im Radio bereits „Oh Susi“, ein Lied, das für mich erst einmal nach Schlager klang. Bis plötzlich alle schlüpfrigen Wörter durch Geräusche ersetzt werden. Das Stück ist genial komisch und als Thomas mir die Platte auf Cassette überspielte, konnte ich ebenfalls die Lieder nach zweimaligen Hören mitsingen. Unterbrochen wird die Musik durch kurze Sketche, die Zander fast alle selbst eingesprochen hatte. Auch die waren ziemlich lustig, aber der Reihe nach.
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Die „Overtüre zum großen Liederzyklus“ eröffnet mit einer verzerrten Gitarre das Album, bricht aber nach wenigen Sekunden ab und eine Telefonstimme fordert den Zuhörer auf, zu warten. Der bereits erwähnte Song „Oh Susi“ folgt, danach der erste Sketch über einen Rasensprenger im wahrsten Sinne des Wortes.
Es folgt der erste Übersong „King Kong“, in dem der Protagonist von seinem „Produzenten“ aufgefordert wird, zurück ins Studio zu kommen. Das ganze wird mit treibenden Drums und einer E-Gitarre wild untermalt. Einen solchen Soundteppich habe ich nicht erwartet. Völlig überraschend baut Zander Soundeffekte und Gags in diesen Song ein und es klingt auch noch umwerfend modern („Darf ich Dir etwas Kleines schenken? Vielleicht dieses rote Auto hier? Och, kaputt!“).
Wenn der Verkehr fließen soll …
In der Regel starten die Songs als Schlager und enden dann überraschend im Chaos. In „Splish Splash“ nimmt Zander zu Hause ein Bad und hat am Ende die gesamte Nachbarschaft in der Wanne sitzen. Anschließend fährt er in „Kung Fu Driving“ sein Auto gegen die Wand. Auch hier ein unsterbliches Zitat, dass ich heute noch gerne benutze: „Wenn der Verkehr fließen soll, gehören Fußgänger unter die Erde.“ Nach einem weiter Sketch über eine mißlungene Operation folgt mit „Ich wünsch Dir für die Zukunft alles Gute“ eine weitere Single-Auskopplung des Albums. Hier gerät die Hochzeit der Ex zur Freude des Sängers aus dem Ruder und endet trotzdem tragisch. Zander zeigt hier sein untrügliches Gespür für eingängige Melodien und coole Sprüche („Geh‘ doch nach Mekka, die Sonne putzen.“).
„Geh doch nach Mekka, die Sonne putzen“
Die zweite Seite des Albums wird mit „Rosita“ eröffnet, erneut ein Schlager, den man sofort mitsingen möchte („Si, Señor“). Nach einem kurzen Ausflug ins Schwimmbad kocht Frank uns einen „Tea for two“ und bringt statt seiner Gattin sich selber um („Die Sumpfkuh!“). Was nun folgt ist der lustigste Sketch der Platte. „Jungs, wo ist der Schnee“ entert mit einer Fülle von Sprüchen wie „Verdammtes Mißtrauen“ und natürlich „Habt ihr etwa Mädels im Haus?“ unser Leben. Es ist Zanders Stimme, die für immer in den Gehörgängen hängen bleibt, das Relikt einer verkorksten Mandeloperation.
Wuh Duh Zeit und Disco Papa
Und dann ist endlich Zeit für die „Wuh Duh Zeit“. Musikalisch ist das alles innovativ und ungewöhnlich, Chorgesang, sägende Gitarren und kleine Licks, die den Songtext untermalen. Und mittendrin werden „Volkslieder“ zitiert, bevor der Wecker klingelt und der „Wuh Duh Man“ erkennen muss, dass er doch kein „richtiger“ Kerl ist.
Abgeschlossen wird das Album durch den „Disco Papa“, der genußvoll die damalige Musik von Frank Farian und Boney M zitiert und durch den Kakao zieht. „Das ist nicht Donna Summer, sondern Donner Wetter“ stöhnt der Sänger. Und dann mein liebstes Zitat: „I disco you, you disco me, wir diskutieren alle“. Am Ende explodiert der Disco Papa im Soundgewitter. Und wenn man der Anleitung folgt („Bitte stellen Sie ihre Stereoanlage noch etwas lauter“), dann explodieren auch daheim die Lautsprecher. Aber die kann man ja neu bestellen „bei der Firma Knärz und Knispel GmbH und Co. KG“.
Zander’s Zorn mit Gatefold-Cover
Die Plattenfirma spendierte Zander ein Gatefold-Cover, allerdings trägt das Innersleeve leider keine Texte. Die kann man auch so sehr gut verstehen. Es gibt jede Menge zu lachen und vor allem ganz wunderbare Musik zu hören, die man so von einem deutschen Musiker nicht erwartet hätte. Ich könnte noch erwähnen, dass Frank Zander schon 1974 einen ersten Erfolg mit dem „Ur-Ur-Enkel von Frankenstein“ und dem „Nick-Nack-Man“ hatte. Und dass die Nachfolgealben „FBI – Frank’s beknackte Idee“ und „Donnerwetter“ ebenfalls sehr schön sind. Und auf „Donnnerwetter“ finden man auch die originale (leider zu kurze) Fassung von „Captain Starlight“, Zanders besten Song.
Im Laufe der Jahre habe ich Frank Zander aus den Augen verloren, er hatte in den achtziger und neunziger Jahren mit eher unlustigen Schlagern großen Erfolg. Aber „Frank Zander’s Zorn“ ist auch heute noch unschlagbar gut, innovativ und absolut hörenswert.
Zander’s Zorn bleibt ewig in Erinnerung
Wegen Thomas hab ich mein erstes eigenes Zimmer grün gestrichen. Mit Thomas bin ich im teuersten Laden auf der Königsallee gewesen, weil er einen neuen Pullover brauchte. Auch meine erste und einzige Fahrt in einem Porsche habe ich ihm zu verdanken. Er holte mich ab, ich mußte in Hausschlappen einsteigen und mit ihm eine Runde um unseren Häuserblock drehen. Die Beschleunigung drückte mich in den Ledersitz und bleibt unvergessen. Und als er mir den Preis seiner neuen Armbanduhr nicht verraten wollte, schrieb er den auf ein Stück Papier, das ich umdrehen sollte, wenn er gegangen war. Er müßte jetzt noch dringend „einen heißen Reifen fahren und in der Stadt ein paar Mädels pudern.“ Als er fort war, drehte ich den Zettel um und las: „14.000 DM, sorry Baby!“
Ich habe Thomas nie wieder gesehen, aber Frank Zander’s Zorn und alle oben genannten Sprüche habe ich bis heute nicht vergessen.
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