Als die Anfrage kam, ob ich gern das neue Album „Hurt No Living Thing“ von Wildwood Morning besprechen möchten, habe ich mich erst einmal schlaumachen müssen, über wen ich hier berichten darf. Denn auch nach mehr als 50 Jahren leidenschaftlichem Musikhören bin ich immer wieder verwundert, was sich Musikschaffende so alles ausdenken, um einen eigenen Klangkosmos zu kreieren. Aber genau das macht dieses Album so wahnsinnig interessant. Gleich vorweg: So etwas habe ich noch nie gehört.
Hurt no living thing – Ein ganz eigener Klangkosmos
Der Einstieg in das Album gelingt mit „The mood I am in“ ganz hervorragend. Denn das Stück bietet doch sofort sämtliche Haken und Ösen, die eine Platte hörenswert machen. Während mein Sohn skeptisch den Sound analysiert, finde ich gerade diesen faszinierend. Was ist das für ein Instrument im Hintergrund? Ist das eine elektrische Gitarre, die mir den Kopf verdreht? Das Cover nennt hier sowohl eine Lead als auch eine Sologitarre und beides nagelt mich sofort fest.
Im zweiten Stück werden wir mit einem italienischen Text verwöhnt. Und hier wird es aus meiner Sicht noch spannender. Denn mit „Momento Perfetto“ trifft Laura Lazzarin exakt den Ton, den ich mir für die ganze Platte gewünscht hätte. Weil ich ein Liebhaber italienischer Rockmusik bin, könnte es mit dieser Sprache einfach so weitergehen. Aber vielleicht machen sie es ja beim nächsten Album!?
Hurt No Living Thing
Henning und Laura: Seid mutig! Hört euch die Alben der italienischen Helden der siebziger Jahre an. Gern verweise ich an dieser Stelle noch einmal auf das Ausnahmealbum „Anima Latina“ von Lucio Battisti, der im Dezember 1974 aus heiterem Himmel sein Erfolgskonzept verwarf. Denn er veröffentlichte eine Platte, die nichts mit seinen Hits zu tun hatte. Auch Battisti nutzte den Sound seiner Stimme, mixte sie in den Hintergrund und stellte die Musik in den Vordergrund.
Wildwood Morning – Künstler brauchen Freiräume
Wildwood Morning nutzen ihre Stimmen (ich gehe davon aus das Laura und Henning singen) ebenfalls als Klanginstrument. Gerade Lauras Stimme klingt Gott sei dank so ungewohnt, dass sie ich sie gern an dieser Stelle heraus stellen möchte. Denn der Sound des Albums wird neben der Instrumentierung auch durch diese Stimme geprägt. Als ich 1977 im Musikexpress einen Bericht zu meiner damaligen Lieblingsband Supertramp lesen durfte, stand da doch tatsächlich sinngemäß, dass die Stimmen der beiden Sänger „eher unschön“ klingen. Aber hey, genau das war es doch, was diese Band, diese Musik ausmachte. Und das gleiche Gefühl habe ich beim Hören dieses Albums.
Progrock, Folk, Blues, Garage Psych
Und dass Geigenklänge sich mit einer Gesangstimme „duellieren“, ist auch ziemlich selten in der heutigen Musikwelt geworden. Und da viele Leser am besten mit Vergleichen einen Eindruck gewinnen können, sei mir hier der Vergleich zu zwei Bands gestattet, die ebenfalls eine Violine in ihr Klangbild eingebunden haben.
Einerseits die amerikanische Progrockband „Kansas“ und andererseits die ostdeutsche Band „City“. Das Wildwood Morning mit ihrer Musik mich daran erinnern, ist kein schlechtes Zeichen, ganz im Gegenteil. Denn die Band selbst führt in ihrem „Waschzettel“ (siehe unten) die in der Überschrift genannten Musikstile auf. Der Blues fehlt aus meiner Sicht noch, aber der kommt auf diesem Album auch nicht zu kurz.
Vinyl mit Hüllen schützen!
PE-Schutzhüllen
100 Stück
- 325 x 325 mm
- Stärke: 0,15 mm
- Polypropylen Kunststoff
Japanhüllen
100 Stück
- 325 x 315 + 30 mm
- verschließbar
- Polypropylen Kunststoff
Single-Hüllen
100 Stück
- 187 x 187 mm
- Stärke: 0,15 mm
- Polyethylen Kunststoff
Mit „On a windy day“ schließt die erste Seite des Albums. Das Stück startet mit einer akustischen Gitarre und Juliane Kissner spielt hierzu die Querflöte, und dieses Instrument gibt dem Stück eine ganz eigene und warme Klangfarbe. Die Band erhöht das Tempo das Stück bekommt einen schönen Drive.
Noch einmal komme ich auf Supertramp zurück, die auf ihrem zweiten Album „Indelibly stamped“ mit einer ähnlichen Instrumentierung aufwarteten. Sie vermischten Blues, Rock und Folk und hatten mit diesem Album überhaupt keinen Erfolg. Doch wenn man Künstler ernst nehmen will, muss man ihnen diesen Freiraum geben. Ich hoffe, dass auch Wildwood Morning diesen Freiraum haben dürfen.
Wildwood Morning – Die Band stellt sich vor
Freundlicherweise hat sich die Band mit einer Kurzvorstellung an uns gewandt, die wir gerne auch so weitergeben möchten:
„Wildwood Morning (ist ein) italienisch – deutsches Folk Psych Rock Projekt, bestehend aus Laura Lazzarin und Henning Wienecke, welche unter Mitwirkung einiger Freunde und Top Musikern, ihr zweites Album eingespielt haben. Alle Songs wurden von Henning produziert und von Eroc (Krautrock-Legende und Mastering Guru) gemastert. Garage Rock trifft italienische Velvet Underground Folk Rock kombiniert mit Kraut und Prog Rock Elementen. Alle 8 Songs überzeugen durch stilistische Vielseitigkeit und eingängige Melodieführungen, sowie Texte, deren Thematik gleichermaßen zeitlos und aktuell sind.“
Und wieder einmal begegnet mir Eroc, den ich mehrmals live in den siebziger Jahren am Schlagzeug bewundern durfte. Unvergesslich ist bei mir ein Bericht hängengeblieben, in dem Eroc sagt, dass er bei „Rockpommels Land“ etwa zehntausendmal auf die Bassdrum treten mußte. Dies wurde ihm irgendwann zuviel, so dass er sich auf das Mastering von alten Alben (auch von seiner damaligen Band Grobschnitt) konzentriert hat.
Aktueller denn je – Hurt no living thing: Zeitlose progressive Rockmusik
Die zweite Albumseite besteht aus zwei Longtracks, „The Lady“ und dem Titelstück des Albums “ Hurt no living thing“. Und beide Stücke stechen durch geschmackvolle und elegante Soli hervor. „The Lady“ ist unter anderem auch Sandy Denny gewidmet. Und jede Band, die sich auf diese viel zu früh verstorbene Sängerin bezieht, verdient meinem Respekt. Denny war in den siebziger Jahren Mitglied bei Fairport Convention und bei Fotheringay, bevor sie solo weitermachte. Denn gerade diese Bands waren es, die damals den Rahmen der Folkrock-Musik sprengten und ausloteten, wie weit man mit dieser Musik gehen konnte. Und hier schließt sich der Kreis. Wildwood Morning machen im Grunde genau dasselbe. Sie loten aus, wie weit sie mit dieser Art von Musik gehen können. Und ich hoffe, dass Laura Lazzarin und Henning Wienecke noch viel weiter über ihre Grenzen hinaus gehen werden. Gern auch auf Italienisch.
Bewertung der Vinyl-Pressung
Das Vinyl ist sauber gepresst. Damit liegt sie gut auf dem Plattenteller und läuft gleichmäßig. Zudem ist der Klang raumgreifend und transparent. Insbesondere kommt dies vor allem den Longtracks auf der zweiten Seite zu gute. Das Cover macht Spaß! Aber vielleicht hätte ich eher die Rückseite mit der Vorderseite getauscht. Die gefütterte Innentasche ist für Vinyl ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit. Und ein Textblatt ist auch dabei, das ist vorbildlich. Allerdings sind die Infos zu den Songs ein wenig spärlich. Ich hätte schon gern mehr gewusst. Aber das ist nun eher kleinkariert.
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Mehr InformationenTracklist zu Hurt No Living Thing
- The Mood I’m In
- Momento Perfetto
- Into The Woods
- Shut Out
- On A Windy Day
- The Lady
- Who Has Seen The Wind
- Hurt No Living Thing
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