Eigentlich wollte ich das zweite Album von John Watts besprechen, aber dann ist mir doch klar geworden, dass ich vorne anfangen sollte, nämlich beim dritten Album Red Skies Over Paradise. Hört sich komisch an? Soll es auch, damit der Leser neugierig bleibt.
Red Skies Over Paradise ist eher zufällig zu mir gekommen. Ich hatte in einer Sendung des Bayrischen Rundfunk Fischer-Z zum ersten Mal wahrgenommen. In der „Szene 79“, moderiert von Thomas Gottschalk spielte die Band entweder „The Worker“ oder auch „Remember Russia“, so genau kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Danach habe ich die Band wieder aus den Augen verloren, aber die schönen Melodien der Songs blieben haften. Das zweite Album habe ich verpasst, aber das dritte war dann eben mein Anfang mit John Watts und seiner Truppe Fischer-Z (ein Wortspiel, es heißt eigentlich Fish’s head).
Reggae, Punk & New Wave – alles dabei
Bei Schlembach auf der Friedrich-Ebert-Strasse in Düsseldorf gab es zu allererst Fahrräder zu kaufen. Keine Ahnung, wann jemand auf die Idee kam, auch Schallplatten anzubieten. Dafür mußte man in den Keller runter, dort wurden auf den Treppen die Platten gestapelt, die gerade neu reingekommen waren. Und da lag auch im Sonderangebot für 13,90 DM die neueste Scheibe von Fischer-Z. Das Cover war wunderbar rot und zog einen sofort in seinen Bann.
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Die Platte startet mit „Berlin“ und man ist sich nicht sicher: Ist das nun Reggae oder Rock? John Watts hat alles verarbeitet, was Anfang der achtziger Jahre angesagt war. Metallisch klingenden Gitarren, den Reggae, der Police gerade hoch in die Charts gebracht hatte. Dazu tolle eingängige Hooklines, und zwar in jedem Song. Die leicht weinerliche aber dennoch ungewöhnlich hoch klingende Stimme tat ihr Übriges. Als zweiter Song der Single-Hit „Marliese“, der meiner Meinung nach immer von den vielen anderen sehr guten Liedern abgelenkt hat. Mein Liebling folgt direkt danach, nämlich
Red Skies Over Paradise
Hier vereinigt Watts alles, was Fischer-Z jemals ausgemacht hatten. Ein Reggae-Rhythmus startet den Song, abgespeckter Sound, man hört jedes einzelne Instrument und auch die Rim-Shots sind sämtlich deutlich zu hören, daneben die eben erwähnte Gitarre. Und der Bass drängt im Refrain das Stück nach vorne. „Down in their bunkers, under the sea, men pressing buttons, don’t care about me!“ – deutlicher ging es gar nicht mehr. Das habe sogar ich mit meinem Schulenglisch noch verstehen können.
Nach einem kurzen Ausflug nach “ In England“, das wiederum ein wenig nach Industrial New Wave klingt und überhaupt kein Alter angesetzt hat, kommen wir zu „You’ll never find Brian here“. Ein Ohrwurm, der bis heute nichts von seinem Charme eingebüßt hat. Und auch zeigt sich erneute, wie clever die Produktion ist. Es sind nur wenige Instrumente, die hier aufgenommen wurden und es reicht völlig aus. Man kann sich jedesmal auf etwas Neues konzentrieren.
Die erste Seite wird mit „Battalions of strangers“ abgeschlossen. Und auch hier sind Gitarre, Bass, Keyboard und Schlagzeug im Refrain bis zum Anschlag aufgedreht.
Birth pills in bathrooms
Die zweite Seite startet mit der „Song and dance Brigarde“, genauso energetisch und intensiv, wie auch die erste Seite begonnen hat. Dann folgt „The writer“, wiederum mit einem schönen melodischem Bass und einer eingängigen Hook verziert. Aber meine liebste Textzeile des Albums findet sich im folgenden Stück, nämlich „Bathroom scenario“. Hier heißt es direkt am Anfang „Everywhere I go, I’ll find birth pills in the bathroom“ und John Watts beschwert sich darüber, dass es keine Geheimnisse mehr gibt. Sogar die Inhalte der Damenhandtaschen sind für alle sichtbar geworden. Und das ist nun schon mehr als 40 Jahre her.
Cruise Missiles
Die letzten vier Stücke des Albums sind aus einem Guß. Bei „Wristcutter’s Lullaby“ kann man den Refrain sofort mitsingen. “ I ran, when the police try to contact me“, ob er damit die Band gemeint hat? Glauben könnte man es schon, denn die Vergleiche drängten sich damals auf. Danach folgt mit „Cruise Missiles“ ein Slowsong mit einer bis heute gültigen Message: „We’re looking for those cruise missiles, they not five miles away“. Wahrscheinlich einer der besten Songs, die John Watts je geschrieben hat. Und das sind eine Menge mehr als es auf diesem Album zu hören gibt.
Bevor „Luton to Lisbon“, eine kurze kleine Ballade und „Multinational bites“ das Album nach Hause bringen, hier noch der Hinweis, dass das Album auf den Wühltischen der Flohmärkte leicht zu finden ist. Die CD klingt genauso gut wie das Vinyl, daher würde ich immer die Schallplatte bevorzugen. Die Platte kling aus mit einem John Watts, der uns eindringlich darauf aufmerksam macht, was bis heute leider immer noch gültig ist: “ I hear wardrums…“.
Daten zur Pressung
Erscheinungsjahr | 1981 |
Herkunftsland | BRD |
Katalognummer | 1C 064-83 100 |
Labelcode | LC 0379 |
Preis | 13,90 DM. Jetzt aktuellen Preis bei Amazon hier prüfen. Oder hier den Preis bei jpc prüfen! |
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