Mondlandung – Andreas Liebert: Von Moabit bis zum Mond

Gestern haben wir die neue EP von Andreas Liebert im Briefkasten gehabt. Ich musste mich erst einmal durch einige Pressetexte, Facebook- und YouTube-Seiten durchwühlen, um mehr über den Menschen und Künstler Andreas Liebert zu erfahren.

Irgendwo steht, dass Liebert aus Bayreuth kommt, dann wiederum aus einem kleinen Ort bei Forchheim. Mittlerweile soll er in Lübeck leben und in jedem Laden Marzipan kaufen. Konzerte gibt er aber auch in Berlin. Was aber nervt, sind die Texte über Liebert, die im Netzt zu finden sind und vermutlich von einer KI erstellt wurden. So schreibt doch kein Mensch. Und hier komme ich ins Spiel, eben keine künstliche Intelligenz.

Mondlandung
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Ich schaue mal etwas genauer auf seiner Facebook-Seite nach und lese, dass er wirklich in Forchheim aufgewachsen ist, ein Jahrzehnt in Lübeck verbracht hat und nun in Berlin-Moabit lebt. Und dann scrolle ich weiter und lese, dass er seinen Song „Tümmler“ in Ebern aufgenommen hat. Während ich in Forchheim zweimal war, war ich in Ebern hunderte Male, so klein ist die Welt. Manchmal zeigen Biografien erstaunliche Gemeinsamkeiten.

Fernsehturm

Die EP startet mit einem Dialog auf einem Fernsehturm und offensichtlich ist die Adressatin nach Diktat verreist. Der Einstieg in den Song gelingt sehr schön, ich höre den springenden Basslauf von „Maneater“ oder auch „You Can’t Hurry Love“, zwei Stücke die ich genau deshalb immer bewundert habe. Andreas spricht und schreit seine Verlorenheit, seine Verwundbarkeit zuerst gegen die Scheiben des Fernsehturms und dann hinaus in den Wind.

Das Ganze ist eingebettet in einem warmen Klangteppich aus akustischer Gitarre und flirrenden elektronischen Streichern, die mir schön analog um die Ohren fliegen und mich vor allem am Ende ansprechen, wenn der Gesang ausläuft und zum Ende findet. Ich vermeide an dieser Stelle irgendwelche Vergleiche mit anderen Künstlern aus norddeutschen Schulen – darauf komme ich später noch zurück. Für mich die schönste Textstelle in diesem Lied, ist die folgende:

„Die Touristen starren mich an,
aber du bist längst gegangen.“

Morgens um vier

Auch das zweite Stück auf der EP ist ein Dialog mit einer (verloren gegangenen) Liebe, mit der man morgens um vier Rücken an Rücken zu zweit und allein einsam ist. Der Sound bleibt gleich, ein paar Piano-Tupfer höre ich im Hintergrund, zumindest bilde ich mir diese ein.

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Das Video zeigt am Ende ganz kurz ein paar Lebkuchenherzen mit den üblichen „Ich gehöre nur Dir“-Botschaften. Am Ende steht Liebert ganz alleine auf dem Rummelplatz, der Kirmes, der Kerwa. Der Gesang ist etwas zu monoton geraten, Vielleicht hätte Andreas ein paar Schlenker mehr in die Melodie einbauen sollen. Andererseits beschreibt er eine zweifelhafte Beziehung in sehr schönen Worten:

„Das Timing ist falsch,
immer nie richtig.
Kein Moment sagt dir:
Jetzt, jetzt richtig.“

Mondlandung

Vor einiger Zeit habe ich für meinen verstorbenen Vater einen Song geschrieben, um mich und vor allem andere an ihn zu erinnern. Damit er eben nicht ganz weg ist. Genau das macht Andreas Liebert auch im Song „Mondlandung“:

„Dein Leben schlich sich leise fort.
Und alles, was uns bleibt,
ein anderer Stein, ein kühler Ort.“

Der Text lässt offen, ob es hier um einen nahen Verwandten geht oder um eine Person, über die man eher zufällig in einem Fotoalbum stolpert. Ein Requiem, eine Andacht, ein Gebet, eben die „Vergänglichkeit der Brüche“. Zum Schluss fragt er lapidar „Und hattest du noch irgendetwas vor?“. Und mir fallen sofort ganz viele Dinge ein, die ich noch vorhabe. Ein Mondlandung ist allerdings nicht dabei.

Synonym

Die EP wird von „Synonym“ beendet, einem Song, der ganz leicht von einer elektrischen Gitarre gestreichelt wird. Auch hier sind wir im Gespräch mit dem Gegenüber, der laut Meister Eckhart „immer der bedeutendste Mensch“ sein muss.

„Bist du das Synonym von mir?
Mein ist dein Dialog.
Geschrieben selten mal ein Wort.“

Die Fragen werden einer (neuen?) Beziehung gestellt und gleichzeitig werden die offensichtlichen Gemeinsamkeiten heraus gearbeitet. Und genau so funktionieren Beziehungen eigentlich, nämlich dass man bei wichtigen, existentiellen Fragen in die gleiche Richtung schaut. Sonst wird das nichts, sonst halten Beziehungen nicht.

Hier schafft es Andreas Liebert, eine schöne Melodie rund um die Harmonien zu fädeln. Und leider und viel zu schnell ist diese EP schon zu Ende. Aber vielleicht gibt’s mehr auf einer seiner Shows: 27.11.2024 – Berlin – Perlou und am 28.11.2024 – Lübeck – Musik & Kongresshalle Lübeck

Die Vinyl-Version der EP und Tickets für die Release Konzerte gibt es hier: https://linktr.ee/andreasliebert

Ein paar Worte zum Vinyl

Das sauber gepresste und plan aufliegende Vinyl steckt in einer gepolsterten Innenhülle, die EP enthält auch ein Textblatt und ausgewählte Fotos und Grüße an die Großeltern Oma Gretl und Opa Alfons.

Und um diesen Opa Alfons geht es vermutlich im Song „Mondlandung“. Während die 4 Songs sich auf der A-Seite befinden, ist die B-Seite nicht bespielt. Hier dreht sich nur der Mond um die Plattentellerachse. Eine schöne Idee.

Habe ich irgendwas vergessen? Ach ja, der Vergleich! Und da fällt mir nur ein ganz wunderbarer ein, nämlich Niels Frevert, dessen Musik und Texte auch immer eine unglaubliche Entdeckung sind. Wenn Andreas Lieberts Stimme weniger monoton und etwas melodiöser rüberkommen würde, wäre er für mich die nächste große Entdeckung in der Singer/Songwriter Landschaft im deutschsprachigem Raum. Sympathisch genug ist er ja schon.

Als nächstes bitte ein ganzes Album und gerne auch mit ähnlichen Geschichten aus dem Leben. Denn darum geht es doch eigentlich: Ums Leben.

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