Teufelsküche – Stoppok: Wer zum Teufel will das hören?

Dank Spotify habe ich dann auch mal vom neuen Stoppok-Album „Teufelsküche“ erfahren. Auch nach mehrmaligem Hören frage ich mich ernsthaft, wer diesen musikalischen Pessimismus ohne klug versteckte Ironie hören will? Ich jedenfalls nicht – bis auf ein, zwei Songs. Das ist sehr schade, denn viele alte Stoppok-Lieder höre ich seit vielen Jahren immer wieder gern.

Stoppok selbst hatte vor zwei Jahren einen Herzinfarkt – vielleicht deshalb auch ein Anlass, sich mit der Endlichkeit des Lebens auseinanderzusetzen. Eine gute Ausgangslage für ordentliche Texte und Musik war der medizinische Notfall jedenfalls nicht. Oft wird über Stoppok ja gesagt, dass er einer der Musiker sei, bei denen Adjektive wie „ehrlich“ oder „authentisch“ tatsächlich mal passen würden. Und das stimmt ganz sicher auch. Hilft der Teufelsküche trotzdem nicht.

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Das Ende ist nah!

Los geht’s auf dem Album mit dem Song „In der Teufelsküche brennt noch Licht“. Darin heißt es: „Wenn auch der Teufel nicht mehr sicher ist, dann kommt das Ende ziemlich sicherlich. Bald auf uns zu.“ Das hört man doch gern und motiviert für die nächsten zehn Songs! Textlich niveauvoll geht’s dann auch in „Wer du wirklich bist“ weiter. Hier heißt es ganz poetisch: „Und wenn dich mal dein Glück verlässt, dann halt‘ dich einfach am Geländer fest. Und wenn da kein Geländer mehr ist, merkst du vielleicht, wer du wirklich bist.“ Allerdings gefällt mir hier der Gesang von Cäthe, die eigentlich Catharina Sieland heißt.

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Das nächste Lied richtet sich wohl an aller Gaffer. Denn zusammen mit Olli Schulz singt Stoppok in „Hier gibt’s nichts zu sehn“, dass man nicht stehen bleiben solle, denn es gibt nichts mehr zu sehn. „Draußen vor der Tür ist alles wie immer, die Gesichter der Leute scheinen irgendwie länger.“ Vielleicht möchten Stoppok und Olli auch ein Vorurteil aufgreifen, dass in einer deutschen Nachbarschaft stets ein gesundes Misstrauen vorherrscht. Man weiß es nicht.

Der Klug, Klug, Klug, Klug, Klug, Klugscheißeralarm…

Im „Klugscheißeralarm“ rechnet Stoppok mit Blues Brothers-Riffs mit Verschwörungstheoretikern, Hobby-Ernährungswissenschaftlern und den Pappnasen im Musikbusiness ab, die von Marketing mehr verstehen als vom Inhalt, obwohl jedes Marketing sinnlos ist, wenn Hersteller oder Händler ihr eigenes Produkt nicht kapieren. Inhaltlich durchaus intelligent und lustig, aber leider doch irgendwie nervig.

Für seine eigene, eher unkommerzielle Musik fasst Stoppok wiederkehrende, vernichtende Tipps zusammen und erinnert damit an eine Passage aus „Na schön“ vom Album Neues aus La-La-Land: „Hey Stoppok, das Lied ist viel zu lang, das hört sich keiner von hinten bis vorne an, und das läuft auch nicht im Radio. Es klingt auch nicht so wie das, was man immer und überall so hört. Willst du endlich groß rauskommen, ändere den Sound. Da gibt es Programme für. Und du brauchst feinere Reime.“

Im Song „Vom Tod kein Wort“ bejammert Stoppok, dass Menschen, die voll im Leben stehen, offensichtlich keine Gedanken an den Tod verschwenden. Die Kritik an der gesellschaftlichen Verdrängung dieses Themas ist dagegen gut und wichtig. Aber auch das möchte ich mir nicht mehrmals hintereinander anhören.

Fortuna Ehrenfeld bringt etwas Funk in die Teufelsküche

Das sechste Lied auf dem Album „Teufelsküche“ heißt „Nicht das was ich brauch“. Und das lassen wir einfach so stehen. Anschließend kommt schon fast überraschend danach mit „Wir pfeifen (Das letzte Loch)“, eine funkige Nummer daher. Manche werden von Ironie sprechen. Aber diese offensichtliche Ironie mit der Brehcstange ist dann eigentlich nicht mehr künstlerisch wertvoll: „Die Gletscher schmelzen immer schneller. Das Wasser, das steht schon im Keller. All-inclusive, Sansibar. Spaßgesellschaft, alles klar.“

Nach 45 Sekunden setzt in „Krude Gedanken“ der Gesang ein. Mehr möchte ich mir von dem Song nicht merken. In „Kommt mal alle wieder runter“ besingt Stoppok den Tod zumindest lustig und kritisiert Ellenbogengesellschaft sowie Kapitalismus. Das geht immer.

Doch noch ein versöhnlicher Abschluss der Teufelsküche

„Im Wartesaal zum großen Glück“ unterstützt Alin Coen Stoppok mit ihrer natürlichen, warmen Stimme, die jedoch auch leicht zittrig ist, ein wenig näselnd, während er in seiner Rolle als Philosoph auftritt. „Und mit Wänden aus Träumen ging die Wirklichkeit, denn die liebte man nicht sehr.“ Alin fügt sich in seine Worte ein. „Im Wartesaal zum großen Glück, da warten viele, viele Leute, die warten seit gestern auf das große Glück von morgen (…) und vergessen, es ist ja noch heute, diese armen, armen Leute“, heißt es etwas sehr einfühlsam.

Aber dann kommt das Beste doch zum Schluss – zumindest finde ich das so. Denn mit dem melancholischen „Wo man hingehört“ schafft Stoppok dann doch noch einen Song, der die Teufelsküche versöhnlich abschließt. Das Arrangement und der Gesang erinnern mich an den Stoppok aus den 1990er Jahren. Schön, wenn man weiß, wo man hingehört!


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