Mixtape-Erinnerungen: Songs, die geblieben sind

Wer erinnert sich nicht an die Zeit, in der Mann für seine große Liebe die schönsten Songs auf ein Mixtape gepackt hat. Stundenlang habe ich mir Gedanken gemacht, mit welchen Songs ich meiner (neuen) Freundin meine Liebe zeigen kann. Das alles war immer großes Kopfkino, ich glaube, dass das den Mädels damals scheißegal war. Jedenfalls habe ich damals einen Zehnerpack mit Cassetten von TDK gekauft und restlos alle bespielt. Das waren dann insgesamt 900 Minuten Laufzeit. Ich habe mir damals aufgeschrieben, welche Songs ich überspielt habe. Nachstehend eine Auswahl der Songs, die heute immer noch Relevanz haben. Subjektiv wie immer natürlich.

Rare Birds – Last Tango in Beulah

Hiermit würde ich noch heute jedes Mixtape eröffnen oder bestücken. Das E-Piano spielt auf und die Melodie ist sofort im Kopf. Dann geht es abgehackt weiter, eine zweite Melodie erscheint und dies passiert alles noch bevor gesungen wird. Ich liebe das Stück noch heute.

Nite City – The Dreamer

Auch ein wunderbarer Opener für jede C90 (falls ihr noch wisst, was das ist). Ray Manzarek hat nach den Doors in dieser Band an den Keyboards gesessen. Das Stück ist aus meiner Sicht der einzige Song auf dem Album „Golden Days Diamond Nights“, das sich lohnt.

Devadip Carlos Santana – Life Is Just A Passing Parade

Das Album hieß „Silver Dreams Golden Reality“ und ist eines dieser Soloalben, dass man sich holt, weil man glaubt, es lohnt sich. Tut es auch. Aber eben eher für Jazzrock-Fans. Dieser eine Song ist bis heute umwerfend und passt so gar nicht zu den anderen Stücken auf diesem Album.

Sally Barker – Hunting The Buffalo

Vor etwa zehn Jahren tauchte Sally Barker in einer Talentshow auf und durfte sogar mit Tom Jones im Duett singen. Das hatte Tom Jones gar nicht verdient. Sally sang Tom unter den Tisch. Und wer sich heute mit Sally Barker beschäftigen will, sollte sich alle Alben dieser Dame zulegen, es gibt viel zu entdecken.

Spandau Ballett – Gold (Instrumental)

Ja, kennt man, aber das Instrumental kennt man eher nicht. Kommt auf einem Mixtape immer überraschend und erfrischend rüber. Gary Kemp hat gerade ein neues Album (This Destination) veröffentlicht. Sind ein paar sehr schöne Songs drauf.

Pat Benatar – Painted Desert

Pat Benatar hat viele Hits gehabt. Und es gibt auch ein paar andere gute Songs, wie zum Beispiel „Painted Desert“. Mit so einem Song rechnet man nicht unbedingt, vor allem wenn man noch das Intro berücksichtigt. Und die überarbeitete Version klingt noch einmal etwas klarer und dynamischer.

Boston – Hitch A Ride

Boston hat sowieso nur ein Album gemacht und zwar immer dasselbe. Trotzdem sind die Stücke alle gut oder sogar mehr als das. „Hitch A Ride“ macht da keine Ausnahme und klingt genauso wie 1976 geklungen hat. Die Eröffnung mit der akustischen Gitarre und die zweistimmige Melodieführung im Gesang verursachen sofort das oben beschriebene Kino im Kopf.

Del Amitri – I’m An Unbeliever

Bislang habe ich über einer meiner Lieblingsbands keine Wort verloren. Justin Currie gehört unzweifelhaft zu den bedeutendsten Songschreiber aller Zeiten. Keiner schreibt so schöne und tiefgehende Texte wie dieser Schotte das kann. Das a capella Intro steht schon alleine für sich, das Gitarrensolo am Ende ist so wunderbar „distorted“ wie ein Solo nur sein kann. I’m a Believer.

Journey – Sweet And Simple

Journey haben ebenfalls viele Hits gehabt und kaum Füller auf ihren Alben. „Sweet And Simple“ ist eines von den Stücken, bei denen man sofort an der Stimme erkennt, wer diese Band ist. Das Album „Evolution“ ist leider komplett an mir vorbei gegangen, aber mein Freund René hat wenigstens hingehört und mir das Stück überspielt.

The Jam – English Rose

Völlig unerwartet kommt dieses Stück daher. Mit Paul Weller verbindet man Punk, New Wave, Swing und natürlich Rockmusik für Erwachsene. Doch dieses eine Stück hier, bei dem sich Paul alleine auf der Gitarre begleitet hat es in sich und zeigt noch einmal, welche große Klasse der Mann hat.

Zappacosta – Spread Myself To Thin

Auch so eine Entdeckung, die ich René zu verdanken habe. Ich kenne von Alfred Peter Zappacosta sonst nichts. Wusste auch nicht, dass er eine Menge Geld damit verdient hat, dass er einen Song auf dem „Dirty Dancing“-Album drauf hatte. Der Song ist allerdings richtig Mist. Dafür ist „Spread Myself to Thin“ allerdings wirklich eine Perle.

Magnum – Sacred Hour

Eine Band, die erst aufhört, wenn alle Mitglieder tot sind.

Toto – I Think I Could Stand Here Forever

Was? Die haben noch etwas anderes als „Africa“ oder „Rosanna“ eingespielt? Kaum zu glauben, dass es neben dem vierten Album auch noch sehr gute Alben davor oder auch danach gab. Liebe „Martin Miller Session Band“, dieses Stück hätte doch was für das ultimative 80er Medley – Teil 3 oder 4. Am besten, ihr spielt die gesamte Liste auf einmal ein. Danke im Voraus.

Gary Moore – Empty Rooms (Live 1984)

Zwei Flageolett-Töne auf dem Bass. Wer hat sowas schon mal gehört. Und dann folgt das lange und unvergessliche Gitarrensolo. Gary Moore spielt heute jeden Tag seinem Herrn dieses Solo vor, davon bin ich fest überzeugt. Empty Rooms gibt es in vielen verschiedenen Liver-Versionen, die von 1984 ist konzis genug und hat dieses kurze, knackige Bass-Solo.

Foreigner – Girl On The Moon

Hier gilt eigentlich das Gleiche wie für Toto, beide haben mit ihrem jeweils vierten Album einen Welterfolg erzielt. Und beide Alben heißen schlicht „4“ oder „IV“. Nach diesem Album gab es nichts Besonderes mehr von Foreigner. Okay, dieser eine Gospel-Song, wie hieß er noch? Egal, „Girl On The Moon“ ist ein Sahnestück auf einem Sahne-Album.

Survivor – Never Stop Loving You

Ja, die hatten auch nur einen großen Hit, nämlich „Eye Of The Tiger“. Aber das vierte Album „Caught In The Game“ ist (siehe Toto und Foreigner“) einfach großartig und hat keine Füller an Bord. Neben diesem Stück sind der Titeltrack „Caught In The Game“ und „Santa Ana Winds“ herausragend und wirklich gelungen. Das Album gab es bei Karstadt für 5,99 DM.

Steve Perry – She’s Mine

Steve Perry schreibt etwas weiter oben schon mit Journey seine Geschichte. 1984 gibt es mit „Street Talk“ ein erstes Soloalbum mit zwei Hits Dies hier ist einer davon, der Rest klingt nicht schlecht, aber auch nicht besonders interessant. Schon das Intro ist gelungen, E-Piano spielt die Melodie, dann knallen die Drums. Und Perrys Stimme ist einzigartig. Und fehlt Journey heute.

707 – Out Of The Dark

Eine dieser Bands, die man entweder zufällig entdeckt oder für immer verpasst. 707 hatten mit „I Could Be Good For You“ und „Mega Force“ ein paar Achtungserfolge im US-Radio, blieben hierzulande aber weitgehend unbekannt. „Out Of The Dark“ zeigt, dass sie mehr konnten als stadiontauglichen Rock. Eine dichte Atmosphäre, starkes Songwriting und dieser typische 80er-Sound zwischen AOR und Hardrock – das passt einfach gut auf ein Mixtape, das auch mal um die Ecke denkt.

Kenny Loggins – Heartlight

Jeder kennt diesen schwachsinnigen Hit „Footloose“. Dass Kenny Loggins immer schon mehr konnte, beweist „Heartlight“ vom 1982er Album „High Adventure“. Leider ist alles, was danach von Loggins eingespielt wurde, richtig schlecht gealtert. Dazu gehört auch der Top-Gun Song „Danger Zone“. Aber „Heartlight“ ist und bleibt ein Highlight in Loggins Karriere.

The Kinks – People Take Pictures Of Each Other

Diesen Song habe ich meiner ersten Freundin aufs Mixtape gepackt, als sie 1981 alleine in den Urlaub nach Rijeka gefahren ist. Ich hatte genau noch 2:30 Minuten Platz auf der Cassette und wollte die Zeit nutzen. Ich glaube, dass nur eingeschworene Kinks-Fans wissen, wo dieser Song zu finden ist. Nämlich auf einem der allerbesten Alben aller Zeiten.

Marion Maerz – Er ist wieder da

Ein wenig zu viel Hall auf der Stimme, doch der eröffnende Basslauf am Anfang haut alles raus. 1965 erschien der Song, geschrieben und produziert von Christian Bruhn. Und zeigt uns einmal mehr, wie progressiv der deutsche Schlager damals schon war. Eine Schande, was heute als Schlager bezeichnet wird. Das hat mit Qualität nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun. Liebe Grüße an einen der besten deutschen Songschreiber aller Zeiten.

Duncan Browne – She’s Just A Fallen Angel

Wow, was für ein Stück. Hört heute auch kein Mensch mehr. Doch Duncan Browne, 1993 viel zu früh verstorben, hat wenigstens ein Stück auf dem „Let’s Dance“-Album von David Bowie geschrieben. Somit wird er auch heute noch jeden Tag gehört. Hoffentlich. Seine vier Alben verdienen alle, dass sie wiederentdeckt werden. Also los, hört euch wenigstens dieses Stück an und fügt es eurem Mixtape hinzu. Und dann hört alle anderen Stücke.

Roxy Music – Same Old Scene

Die Roxys mit Bryan Ferry. Mit ihrem eingängigsten Album „Flesh & Blood“, wie ich finde. Jeder Song ein Treffer, egal ob es die „Midnight Hour“ oder auch „Oh Yeah“ ist. Und mit „Same Old Scene“ und „Over You“ gibt es noch die perfekten Ohrwürmer mit dazu. Ferrys Stimme war nie so gut, wie auf diesem Album. Und „Manifesto“ oder „Avalon“ waren 1980 noch gar nicht geschrieben…

The Cure – The Walk

Damals habe ich mit einem Spulentonbandgeräte von Grundig Songs aus dem Radio aufgenommen und anschließend dann auf Cassette überspielt. Dabei habe ich beim Überspielen nicht aufgepasst und keine Pause zwischen „The Walk“ und dem nächsten Stück gelassen. Interessanterweise hört „The Walk“ auf dem gleichen Ton auf mit dem „Great Southern Land“ beginnt. Deshalb leite ich direkt über zu…

Icehouse – Great Southern Land

Die australische Band hatte mit „Hey Little Girl“ diesen einen Hit und verschwand nach dem zweiten Album aus meinem Gesichtsfeld. Irgendwann lief „Great Southern Land“ im Radio und traf mich mitten ins Herz. Eine schlichte Melodie, die einfach nur fließt, dazu die straighten Drums. Müsste noch heute jeder Tanzdiele die Ü60er abholen. Falls die noch möchten. Jedenfalls darf der Song auf meinem Mixtape nicht fehlen!

Rare Bird – You’re Lost

Ja, ich weiß, wir haben mit Rare Bird angefangen, also hören wir auch damit auf. Auf dem Album „Epic Forest“ von 1972 findet sich dieses Stück, das zugegebenermaßen nichts Besonderes ist, der Gesang hört nach etwa drei Minuten auf, es wurde alles gesagt. Dann aber gibt es dieses Break bei 3:50 Minuten und das Stück läuft die nächsten sechs Minuten einfach weiter. Erst mit einem E-Piano-Solo, dann kommt die Gitarre dazu und am Ende gibt es eine Kakophonie und einen Stoßseufzer des Drummers, der froh ist, dass Schluss ist.

Fazit und Ausblick auf nächstes Mixtape

Und ja, ich sehe es selbst: Frauen sind auf meinem Mixtape deutlich unterrepräsentiert. Das schreit nach einer zweiten Ausgabe – diesmal mit Künstlerinnen wie Kate Bush, Joni Mitchell, Anne Haigis, Suzanne Vega und natürlich Heart. Auch Aimee Mann, Alice oder die wunderbaren Kate & Anna McGarrigle dürfen nicht fehlen – die haben doch damals sogar mit Mark Knopfler zusammengearbeitet…

Gottseidank habe ich bereits Karten für mein viertes Steve Hackett Konzert im Frühjahr in Essen in der Schublade liegen. The Lamb lies immer noch down am Broadway. Wäre aber auch schön, wenn mir der Schatten des Hierophanten ein paar Geheimnisse enthüllen würde, nämlich ob Flaming Bess doch noch einmal…


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